"Lasst euch nicht verführen / Zu Fron und Ausgezehr!". Politisches Theater im deutschsprachigen Raum (1918-2018)

Von
Susanne Schmieden

Laßt Euch nicht verführen
Zu Fron und Ausgezehr!
Was kann Euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.
(B. Brecht: Gegen Verführung, 1925)

Mit gerade einmal zwanzig Jahren schreibt Bertolt Brecht 1918 – also vor nunmehr hundert Jahren – die erste Fassung seines Theaterstücks Baal, in dem bereits vieles, was seine späteren Stücke und auch seine Ideen vom Epischen Theater prägen wird, anklingt. Nicht nur handelt das Stück von einer radikal desillusionierenden Figur in einer asozialen Gesellschaft, es ist auch formal widerständig. Nur wenige Jahre später formuliert er in dem Gedicht Gegen Verführung eine radikale Kritik an einem Idealismus, der den Menschen mit leeren Versprechungen eine Unterordnung unter bestehende Ungerechtigkeiten und Zumutungen abnötigt und sie damit zu Komplizen ihrer eigenen Unterdrückung macht. Dem setzt er zeitlebens einen konkreten Materialismus entgegen, der jegliche Illusionen als solche zu entlarven bestrebt ist und das gute Leben nicht als zukünftiges Versprechen oder Privileg einiger weniger ansieht, sondern als Recht eines jeden, das es einzufordern gilt.
In Zeiten, in denen massive ökonomische und soziale Ungleichheiten oftmals eher zu rechtfertigen als zu überwinden versucht werden, sind diese Ideen mitnichten überholt. Im Workshop wollen wir uns auf den Spuren des Brechtschen Appells gegen ideologische Verführungen als Inanspruchnahme des Individuums für eine vermeintlich große Sache mit den Werken verschiedener deutschsprachiger Dramatiker*innen beschäftigen, die sich in dieser Tradition und bis heute mit dem jeweiligen Zeitgeschehen kritisch auseinandersetzen.

Programm

9.00 Einführung: Politisches Theater nach Brecht
Christine Abbt und Susanne Schmieden, Luzern

9.30 A-humane Potentialität – Brecht, Benjamin, Heidegger und
Praktiken gegenwärtigen Darstellens
Nikolaus Müller-Schöll, Frankfurt a.M.

10.30 Kaffeepause

11.00 In der Kürze liegt die Würze: Thalheimers Inszenierung des
«Kaukasischen Kreidekreises» am Berliner Ensemble
Marie-Irène Igelmann, FU Berlin

12.00 Mittagspause im Restaurant Bahnhöfli

14.00 Klassenkampf 2.0 – Formen des politischen Theaters nach 1989
Julia Lind, Mainz

15.00 Kurze Pause

15.15 Die Politik der Komödie
Thomas Forrer, Luzern

16.15 Kurze Pause

16.30 Abschlussdiskussion

Kontakt

Susanne Schmieden

Frohburgstrasse 3
CH-6002 Luzern

susanne.schmieden@unilu.ch

https://www.unilu.ch/fakultaeten/ksf/institute/philosophisches-seminar/veranstaltungen/lasst-euch-nicht-verfuehren-zu-fron-und-ausgezehr-b-brecht-politisches-theater-im-deutschsprachigen-raum-1918-2018-4035/
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